Die Vorarbeit zum kommenden Blumenmeer wurde schon im vergangenen Jahr geleistet: Rund 178.000 im Herbst gepflanzte Frühjahrsblüher wie Tulpen, Narzissen und Hyazinthen sind in den Schmuckbeeten am Start und öffnen jetzt nach und nach ihre farbenfrohen, duftenden Blüten. Ab Mitte Mai verwandeln dann fast 60.000 Sommerblumen und rund 1.000 exotische Kübelpflanzen die Gärten in einen grünen Festsaal für vielerlei Veranstaltungen.
Ein Spaziergang in dem rund 50 Hektar großen Barockgarten hat im Frühling seinen ganz besonderen Reiz. Ende des 17. Jahrhunderts legten die welfischen Kurfürsten vor den Toren der Stadt Hannover ihre Sommerresidenz an und machten Herrenhausen zu einem kulturellen Anziehungspunkt in Europa. Das Besondere: Der Garten ist mit seinem Gartentheater, den goldenen Figuren, der großen Fontäne in der Gartenmitte sowie dem großen Parterre, dem Orangenparterre und dem Irrgarten bis heute nahezu unverändert.
Dieses Kleinod barocker Gartenkunst verdankt Hannover einer außergewöhnlichen Frau: Kurfürstin Sophie von der Pfalz. Inspiriert vom Sonnenkönig Ludwig XlV., ließ sie den 200 Morgen großen Garten Ende des 17. Jahrhunderts nach französischem Vorbild anlegen und machte ihn mit großer Leidenschaft zu ihrem Lebenswerk. Dabei stand ihr Martin Charbonnier als fachkundiger Gartendirektor zur Seite. Unverkennbar ist auch die Orientierung an niederländischen Barockgärten, wie Sophie sie in ihrer Jugend kennengelernt hatte. Bis zu ihrem Tod vervierfachte der Große Garten seine Ausdehnung. Ein Schlaganfall traf die Kurfürstin 1714 an der Stelle im Garten, wo heute ihr Denkmal steht.
Lustwandeln im Großen Garten
Ein Hingucker ist das 300 Jahre alte Gartentheater, das auch heute noch Schauplatz von Theater- und Tanzaufführungen ist. Nicht zuletzt durch seine 30 vergoldeten Figuren, die den Festraum säumen. Sie sind Nachbildungen berühmter Vorbilder aus der Antike, wie es der Gartenschmuck-Mode des Barocks entsprach.
Das Zentrum des Großen Gartens ist zweifelsohne die Große Fontäne. Sie wurde um 1700 erbaut und schleuderte schon damals das Wasser rund 36 Meter hoch. Bei voller Leistung und Windstille erreicht die Fontäne heute dank elektrischer Pumpe eine maximale Höhe von 72 Metern.
Der Irrgarten ist jetzt, Anfang April, noch sehr „durchsichtig“. Den rund 500 Meter langen Hainbuchenhecken fehlt einfach noch das Grün. Das achteckige Labyrinth führt auf verschiedenen Wegen zu einem in der Mitte liegenden kleinen Holztempel.
Ein paar Meter weiter, neben dem Irrgarten, steht ein weiteres Highlight: Die Grotte im Nordwesten des Großen Gartens wurde 1676 erbaut. Ihre drei ursprünglich mit Muscheln, Kristallen, Glas und Mineralien geschmückten Räume dienten als Ort der Verzauberung und als kühle Rückzugsmöglichkeit bei sommerlicher Hitze. Allerdings wurden die Ausschmückungen schon im 18. Jahrhundert entfernt, und das Gebäude diente anschließend lange Zeit als Lagerraum. Von 2001 bis 2003 ist die Grotte nach den Plänen der Künstlerin Niki de Saint Phalle neu ausgestaltet worden. Das Mosaik aus Spiegeln und Glas, die abgerundeten Decken und Pfeiler und die verzierten Fenster lassen die Welt draußen vergessen und laden zum Träumen und Betrachten ein.
Ein Rundgang durch den Garten kann schon mal zwei bis drei Stunden Zeit in Anspruch nehmen. Erst recht, wenn Besucherinnen und Besucher sich Zeit lassen und auf Entdeckungstour gehen.